Deutsches Requiem im Abonnementskonzert

Das Schweizer Jugend-Sinfonie-Orchester, der verstärkte Accroche-Choeur und der Dirigent Kai Bumann waren die Protagonisten einer Aufführung des Brahms-Requiems. Problematisch war einmal mehr die Akustik in der Aula.

FREIBURG Johannes Brahms hat seine Komposition «Ein deutsches Requiem» am Karfreitag 1868 im Bremer Dom mit riesigem Erfolg uraufgeführt. Zu den sechs vorliegenden Sätzen hat er kurz darauf einen zusätzlichen pastoralen Teil hinzugefügt.

«Ein deutsches Requiem» orientiert sich nicht an den Texten des «Requiems» der katholischen Kirche. Brahms hat sich die Texte frei zusammengestellt und ein faszinierendes Zeugnis allgemeiner menschlicher Religiosität geschaffen. Es ist «eine menschliche, romantisch- erlebnishafte Auseinandersetzung mit der Tragik des Todes, eine Gegenüberstellung von Vergänglichkeit und Ewigkeitshoffnung, von Trauer und Trost nach freigewählten Worten der Bibel in der Form einer Chorkantate» (Werner Oehlmann). Es ist zugleich Ausdruck einer freireligiösen Zeit, eines humanitätsgläubigen, den kirchlichen Dogmen entwachsenen 19. Jahrhunderts.

Und so sind für Johannes Brahms nicht Requiemvertonungen eines Mozart oder eines Hector Berlioz Vorbilder seiner Schöpfung, sondern eher die «Musikalischen Exequien » von Heinrich Schütz oder Bachs Kantate «Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit» (Actus tragicus). In allen drei Werken wird eine persönliche Auswahl von Bibeltexten zum Thema des menschlichen Sterbens vertont.

Interpreten und die leidige Akustik
Kai Bumann versuchte am Mittwoch der vergangenen Woche, die sieben Sätze zu einem Ganzen zu ordnen, die Pausen zwischen den einzelnen Sätzen möglichst kurz zu halten und so die beeindruckend klare, übergreifende Struktur des Brahmschen Werks offenzulegen. Der Dirigent animierte Orchester und Chor zu einer unprätentiösen, natürlichen, die Partitur zuverlässig auslegenden Deutung.

Der stark erweiterte Accroche- Choeur war sorgfältig vorbereitet, sang intonationssicher, verfügte über einen homogenen, lichten, transparenten Chorklang. Und doch: In der resonanzarmen, überfüllten Aula mit ihrer erbarmungslosen, von vielen knarrenden Geräuschen begleiteten Akustik zeigte sich, dass eine ergreifende und erschütternde Botschaft noch mehr sprachlich-textliche Durchdringung und eine vermehrte, ganzkörperliche Präsenz verlangen würden. Schwierigkeiten mit der Akustik bekundeten auch die Solisten, der Bariton Simon Schnorr, der seine sonore, warme Baritonstimme erst im 6. Satz überzeugend einsetzen konnte, und die Sopranistin Angela Kerrison, die überdies Intonationsschwächen verriet.

Es mag überraschen, dass der Dirigent und das grosse Orchester für die diesjährige Herbsttournee ein Werk ausgewählt haben, das dem Orchester einerseits anspruchsvolle Begleitaufgaben zuteilt, andererseits nur selten eine riesige Klangentfaltung erlaubt.

Die jugendlichen Instrumentalisten spielten aufmerksam, kompetent, durften sich vor allem bei den effektvollen, dramatischen Ausbrüchen im 2. und 6. Satz mit Begeisterung «ausleben».

Und so wurde die erschreckende apokalyptische Vision im 6. Satz für Orchester und Chor wohl der intensivste Moment musikalischen Ausdrucks.

HUBERT REIDY